Kreiszeitung v. 1.10.2007:
Senator will Stuhrer Solar-Kirchendach zum Vorbild nehmen
Dr. Reinhard Loske in Seckenhausen: "Klimaschutz schafft Arbeitsplätze und stärkt die Wirtschaftskraft"
(bt) In diesem Jahr wurde Erntedank in Seckenhausen in vielfältiger Form gefeiert. Dem Erntedankgottesdienst schlossen sich ein Bauern- und Kunsthandwerkermarkt sowie ein "Solartag" an. Diese Kombination steht in Seckenhausen natürlich vor dem Hintergrund der Solarstromanlage auf dem Dach der Martin-Luther-Kirche, die am Sonntag ihren zweiten "Geburtstag" feierte. Über die "Stromernte vom Kirchendach" referierte Pastor Dirk von Jutrczenka.
Zuvor hatte bereits Bremens Umweltsenator Dr. Reinhard Loske einen Vortrag zum Thema "Der Klimaschutz als globale und kommunale Herausforderung" gehalten. Begrüßt wurde der Referent, der erst wenige Wochen im Dienst ist, zu dieser "ersten außerbremischen Dienstreise" durch Georg Gerdes, den Leiter des Umweltzentrums Stuhr. Er gab seinem Gast gleich zu verstehen, dass sich Stuhr zur "Solargemeinde der Region mit den meisten installierten Photovoltaikanlagen" entwickelt habe.
Auf das Solardach der Martin-Luther-Kirche eingehend versprach Loske, eine ähnliche Anregung für bremische Kirchen in sein "Leuchtturm"-Programm für den evangelischen Kirchentag 2009 in Bremen aufzunehmen.
Seit 20 Jahren befasse er sich mit dem Thema "Klima, Umwelt, Energie". In dieser Zeit habe sich das Verständnis für diese Frage in der Bevölkerung ganz erheblich verändert.
Zunächst habe es geheißen "Klimaschutz ist zu teuer", heute wisse man, dass Klimaschutz nicht nur Arbeitsplätze schafft und die Wirtschaftskraft stärkt sondern auch für Energie-Sicherheit und -Unabhängigkeit sorgt. Wichtig sei eine intelligente Klima-Vorsorge und eine effiziente Nutzung der Ressourcen. Dieses Thema sei inzwischen nicht nur in breiten Kreisen der Bevölkerung angekommen, auch Wissenschaftler wie Nicolas Stirn und Politiker wie Al Gore hätten mit ihren Veröffentlichungen Vertreter von Politik und Wirtschaft aufgerüttelt.
"Noch können wir eine ganze Menge tun, um den Klimawandel in erträglichen Grenzen zu halten", erklärte er. Vorsorge sei in diesem Bereich allemal preiswerter als eine Nachsorge, ganz abgesehen von den sozialen Problemen, aber auch unter dem christlichen Aspekt einer globalen Gerechtigkeit.
Wichtigste Elemente des Klimaschutzes seien die "Drei E": Energie-Einsparung, Energie-Effizienz und Erneuerbare Energie. Im Bereich der erneuerbaren Energie verzeichnete man inzwischen die größten Erfolge, doch auch hier sind die Möglichkeiten noch längst nicht erschöpft. Im Bereich der Einsparung stünde man erst am Anfang, insbesondere beim Wärmeschutz sei eine weitere Verbesserung dringend erforderlich. Sparsamere Geräte und Kraftfahrzeuge sowie Verzicht auf "teuren Schnickschnack" könnten ein Beitrag sein.
Auch die Region um Bremen sei durch den Klimawandel gefährdet, fuhr Loske fort. Der Anstieg des Meeresspiegels habe bereits zum "Generalplan Küstenschutz" geführt. Er forderte "mehr Platz den Flüssen" in weiten Flutpoldern. Die Region Bremen gehöre bundesweit zum Kompetenzzentrum in Fragen der Nutzung von Windenergie. Praxis und Forschung seien hier beispielhaft ineinander verwoben. Trotzdem forderte er eine weitere Stärkung dieses "Kompetenzzentrums".
Weser-Kurier – Regionale Rundschau v. 1.10.2007:
Sonnendach überzeugt Senator
Kirchengemeinde Seckenhausen hatte gestern Reinhard Loske zu Gast / Tag der Regionen mit vielfältigem Angebot
Von unserem Redakteur Michael Rabba
STUHR. Das Ambiente des Gotteshauses passte bestens zum Tenor des Hauptvortrages gestern beim "Solartag" der Kirchengemeinde Seckenhausen - nutzte der Bremer Bau- und Umweltsenator Reinhard Loske sein Referat über den "Klimaschutz als globale und kommunale Herausforderung" doch vor allem, um Mut und Hoffnung zu machen: "Wir können den Klimawandel noch in erträglichem Maße halten, wenn wir jetzt handeln", so Loskes Botschaft.
Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Martin-Luther Kirche sei ein bemerkenswerter Schritt in die richtige Richtung und ein gutes Beispiel dafür, dass Deutschland sich im Strombereich "auf einem stabilen Wachstumskurs" befinde. Im Bereich der solaren Wärmeerzeugung indes "stehen wir erst am Anfang", betonte der Senator. Um diesen Bereich zu fördern, bräuchte es ähnliche gesetzliche Rahmenbedingung wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit der Einspeisevergütung bei der Photovoltaik.
Loske verhehlte aber nicht, dass große Anstrengungen nötig seien, um dem bereits begonnenen Klimawandel Einhalt zu gebieten. Neben dem Umstieg auf erneuerbare Energien müsste erheblich Energie eingespart und Energie zudem intelligenter genutzt werden. Kritisch beurteilt der Senator den Einsatz von Biokraftstoffen - wenn dieser zu immer mehr Monokulturen führe, wäre das auch energetisch fragwürdig.
Begrüßt wurde Loske von Pastor Dirk von Jutrczenka und dem Leiter des Umweltzentrums Stuhr, Georg Gerdes. Stuhr entwickle sich zu einer führenden Solargemeinde in der Region, verwies Gerdes auf die bereits installierten Photovoltaik-Anlagen. Das Seckenhauser Gotteshaus mit einer der größten Anlagen im kirchlichen Bereich in Europa sei dabei "das PV-Flaggschiff".
Loske konnte sich gestern auch über die im Juli in Stuhr gegründete Gesellschaft zum Betrieb einer Bürger-Solarstromanlage informieren. Die bislang interessierten privaten Dachbesitzer seien zwar abgesprungen, teilte Geschäftsführer Bernd Hoppe mit. Man hoffe aber jetzt, ein geeignetes kommunales Dach zu finden, nachdem die Stuhrer Politik dafür grünes Licht signalisiert hat (wir berichteten). Ziel sei, noch dieses Jahr ans Netz zu gehen. Rund 30 Kleinanleger haben nach Auskunft Hoppes für die Bürger-Solarstromanlage insgesamt rund 120 000 Euro zur Verfügung gestellt. Damit könnte eine 30-Kw-Anlage gebaut werden.
Hätte der Senator mehr Zeit gehabt, wäre gestern am Tag der Regionen auch der Stuhrer Windpark in Groß Mackenstedt eine gute Besuchsadresse gewesen. Solche gab es darüber hinaus noch jede Menge. Verschiedenste Veranstaltungen warben gestern für regionales Wirtschaften. (...)
Eine Kirche voller Energie
Solarschautag und Jubiläumsfeier am 1. Oktober 2006
Zum Erntedankfest ist unsere Kirche seit jeher festlich geschmückt: Obst und Gemüse, Brot und Getreide zeugen im Altarraum davon, was wir reichlich haben und wofür es zu danken gibt.
In diesem Jahr konnten wir zu Erntedank am 1. Oktober nicht nur für die Lebensmittel Dank sagen, sondern auch für den Strom, den wir mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach unserer Kirche „geerntet" haben: Pünktlich zum passenden Feiertag hatte die Solaranlage das erste Betriebsjahr hinter sich. Innerhalb dieses Jahres hat die Anlage insgesamt 35.314 Kilowattstunden Strom erzeugt. Das entspricht dem Jahresbedarf von zehn Durchschnittshaushalten. Damit hat die Anlage im ersten Jahr deutlich mehr erwirtschaftet als vorherberechnet worden war; der geschätzte Ertrag lag bei etwa 31.000 Kilowattstunden.
Der gesamte erzeugte Strom wurde über Wechselrichter in das Stromnetz eingespeist und an die eon-Avacon zu einem gesetzlich verbindlichen Preis verkauft.Somit ist die Finanzierung gesichert. Der Kirchenkreis Syke-Hoya sowie die Inhaber der „Seckenhauser Sonnen-Scheine" bekommen am Jahresende ihre ersten Darlehensrückzahlungen, etwas geht in die Rücklage und der Rest kommt der Gemeindearbeit unmittelbar zugute.
Beim Erntedankfest wurde der Blick aber nicht nur auf das vorhandene Kirchenprojekt gerichtet, sondern auch andere Möglichkeiten umweltschonender Energieerzeugung vorgestellt. Im Anschluss an den Gottesdienst gab es an verschiedenen Ständen Informationen zu Brennwerttechnik und Holzpelletheizungen, zu solarer Brauchwassererwärmung und anderen sinnvollen Maßnahmen.Hausbesitzer und andere Interessierte konnten sich bei Stuhrer Heizungs- und Sanitärfachbetrieben über ganz konkrete Maßnahmen erkundigen. Dabei konnten verschiedene Kessel und Solarmodule in Augenschein genommen werden; draußen auf dem Parkplatz stand ein ganzer Holzpelletlastzug. Das Umweltzentrum Stuhr, mit dem zusammen die Kirchengemeinde den Tag geplant hatte, informierte über staatliche Zuschuss- und Fördermöglichkeiten. Am Nachmittag wurden in kurzen Vorträgen ebenfalls verschiedene ökologische Energieerzeugungsmodelle vorgestellt.
Draußen verkauften Konfirmanden und viele andere ehrenamtlich Engagierte Essen und Trinken, Mitarbeiterinnen der Kunstschule Stuhr boten Specksteinarbeiten für Kinder an. Mit dem bunten Angebot aus Gottesdienst und Gemeindefest, Schautag und Informationsvorträgen fügte sich die Jubiläumsfeier gut in den ebenfalls am Erntedankfest stattfindenden „Tag der Regionen" ein. Der stand in diesem Jahr – wie passend - unter dem Motto „Regionen voller Energie".
Es zeigt sich, dass die Anlage auf dem Kirchendach auch andere dazu bringt, über den Bau einer Solaranlage nachzudenken. So war das gedacht.
Leistungsstärkste Solaranlage auf Kirchendach in Betrieb
von Gunnar Schulz-Achelis
Ihr neues Solardach hat die evangelische Kirchengemeinde Seckenhausen am 2. Oktober 2005 mit einem Erntedank-Gottesdienst, einem Gemeindefest und dem Festvortag von dem Solarstromexperten Dr. Franz Alt eingeweiht.
In dem festlichen Gottesdienst hielt Landessuperintendent Arend de Vries als Regionalbischof die Predigt und Franz Alt drückte den roten Knopf, um die 400-Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der modernen Martin-Luther-Kirche - die leistungsstärkste auf einem Kirchendach in Deutschland - in Betrieb zusetzen.
Spannungsvolle Stille herrschte in der Kirche, als der TV-Journalist Alt auf der Kanzel den Knopf gedrückt hatte und auf einer Großbildleinwand angezeigt wurde, wie viel Strom die Solarstromanlage produziert. Nach einer Minute wurden zunächst 4300 Watt gezeigt und – als später die Wolken verschwunden waren – ging der elektronische Zähler hoch auf über 17.000 Watt. | ![]() |
Landesuperintendent de Vries erinnert daran, dass Gott den Auftrag, die Schöpfung zu nutzen, und eine Ordnung gab. „Braucht es erst Hurrikans, Versteppung und Flutwellen, bis wir begreifen, wie sinnvoll die Ordnung ist?" fragte er seine 350 Zuhörer. Den Kirchenvorstand lobte er: „Sie haben ein Beispiel gesetzt, dass andere anstecken möge, die Natur zu gebrauchen und nicht zu verbrauchen und im Einklang mit der Natur zu leben, wie Gott es sich gedacht hat".
Zuvor waren feierlich die große Erntekrone in die geschmückte Kirche getragen und eine ganze Reihe von Chorälen rund um das Symbol der Sonne gesungen worden. Dinah Epperlein und Ezra Kurth stellten ihr Projekt „Solarzwilling" als Kollektenzweck vor: Im Göttinger Freibad ist eine Solaranlage gebaut worden und dieselbe Anlage soll in Brasilien im Rahmen eines Entwicklungsprojektes für Arme durch die Einspeisevergütung und Spenden noch einmal gebaut werden.
Buchautor Franz Alt beschrieb die gegenwärtige Lage in seinem Vortrag als „das größte Selbstmordprogramm, das die Menschheit selbst produziert". Täglich würden 100 Tier- und Pflanzenarten aussterben, 30.000 Hektar Wüste – unter anderem in Südeuropa – dazukommen, 100 Millionen Tonnen Triebhausgase ausgestoßen. Die Münchener Rückversicherung habe schon jetzt eine Verachtfachung der Schäden durch klimabedingte Katastrophen festgestellt.
„Es geht 100 Prozent anders; wir müssen dafür sorgen, dass die Politik von unten aufgerollt wird!" rief er seinen 130 Zuhörern zu. Denn: „5 Euro wird in 10 Jahren der Benzinpreis sein. Atomstrom ist heute schon viermal so teuer wie Solarstrom, wenn man Steuergelder mitzählt", so Alt. In Japan habe man verstanden: „Je ökologischer wir sind, desto ökonomischer". Dort nutze man deutsche Solarenergietechnik zum Geld verdienen. 500.000 Arbeitsplätze könnten hierzulande entstehen, wenn Altbauten richtig gedämmt würden, 2 Millionen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, wenn 2050 30 Prozent des Energiebedarfes aus Biomasse erzeugt würde. Schon heute sei eine Holzpellet-Heizung 40 Prozent günstiger als eine Ölheizung. Ein modernes 5-MW-Windrad könne heute Strom für 17.000 Menschen erzeugen. „Windräder sind Vorrausetzung für den Landschaftsschutz. Denn Voraussetzung für den Landschaftsschutz ist Klimaschutz", meinte Alt zu dem Argument, Windräder würden die Landschaft verschandeln.
Er versprach die Seckenhäuser Anlage bei seinen Vorträgen in aller Welt vorzustellen. „Jede Solaranlage ist ein Zeichen des Friedens: Des Friedens mit der Natur und des Friedens zwischen den Völkern". Denn Bush als „Hampelmann der amerikanischen Öl-Wirtschaft" führe Kriege, um an die „letzten Tankstellen der Welt" in mittlern Osten heranzukommen.
Die Zuhörer fragten nach Flugbenzin und Alt sieht die Alternative in Biosprit. Wasserstoff sei zwar sehr wirksam, aber auch sehr energieaufwändig in der Aufbereitung. Bei der Frage nach Erdwärme meinte Alt: „Man kann zurzeit zu dem Preis noch nichts sagen." Auf die Frage , wie viel Energie für die Herstellung einer Solarzelle gebraucht wird, antwortete Alt, in weniger als zwei Jahren habe sie ihre Herstellungsenergie erzeugt. Ihre Effizienz werde von jetzt 25 Prozent in zehn Jahren auf 85 Prozent steigen und die Preise werden durch Massenherstellung erheblich sinken. So sei er zuversichtlich, dass rund um die Seckenhäuser Kirche bald mehr Solarmodule auf den Dächern zu sehen sein werden.